Kultivierung von anaeroben, hyperthermophilen Mikroorganismen – Vortrag von Robert Reichelt

Wer oder was verbirgt sich hinter dem Namen Mucithermus cthulhu?

Diese Frage beantwortete uns Dr. Robert Reichelt vom Archaeenzentrum der Universität Regensburg, den wir am 08.09.2022 im Rahmen des MultiKulti-Webinars begrüßen durften.

In seinem Vortrag berichtete er zunächst über die Anreicherung, Isolation und Charakterisierung von anaeroben, hyperthermophilen Mikroorganismen. Im Mittelpunkt stand dabei das neu entdeckte Archaeon Mucithermus cthulhu, welches einer neuen Gattung innerhalb der Familie Desulfurococcaceae angehört.

Das Isolat wurde aus Proben von hydrothermalen Quellen im Pazifik gefunden und unter Stickstoffatmosphäre bei einer Temperatur von 100°C angereichert. Die Analyse dieses hyperthermophilen Organsimus zeigte die Anwesenheit von zwei mobilen genetischen Elementen im Genom und zudem eine interessante Morphologie – die Zellen besitzen tentakelähnliche Zellanhänge. Diese können bis zu 6 µm lang und 120 nm breit werden, sind wie eine Perlenschnur aus Vesikeln aufgebaut und von einer extrazellulären Matrix umgeben. Aufgrund dieser Morphologie wurde die Art nach dem tentakeltragenden „Großen Alten“ aus H.P. Lovecrafts Kurzgeschichte „The Call of Cthulhu“ (1928) benannt. Mucithermus cthulhu könnte zukünftig als ausgezeichnetes und einzigartiges Modellsystem für Virus-Wirt-Interaktionen der Archaeen dienen.

Im zweiten Teil seines Vortrags gab uns Dr. Robert Reichelt einen genaueren Einblick in die Ausstattung des Archaeenzentrums Regensburg und das Biotechnikum, welche die Isolation dieser neuen Art überhaupt ermöglichte. Das Archaeenzentrum vereint Vorrichtungen zum Anreichern, Isolieren und Charakterisieren, sowie zur langfristigen Aufbewahrung von Proben und Mikroorganismen. Es beherbergt somit mehrere „Schatzkästchen“: 1) die Sammlung von Originalproben aus verschiedensten marinen Habitaten weltweit, 2) die Bakterienbank, in der bisher ca. 2250 Isolate und Anreicherungen von Bakterien und Archaeen in flüssigem Stickstoff gelagert sind und 3) das Biotechnikum, in welchem Fermenter mit bis zu 300 l Volumen zu finden sind. Diese Fermenter sind speziell ausgestattet und bestehen z.B. aus Titan um Inkubationen bei bis zu 120°C und mit bis zu 5 bar Überdruck zu realisieren. Einige der Fermenter befinden sich bereits seit 1990 ununterbrochen im Betrieb und dienen unter anderem der Bereitstellung von Zellmasse verschiedener Spezies für die wissenschaftliche Gemeinschaft.

Der Vortrag war sowohl für die Mikrobiologen als auch für die Ingenieure im MultiKulti-Team, sowie für zahlreiche Gäste, eine große Bereicherung. Dies spiegelte sich auch in der angeregten Diskussionsrunde im Anschluss wider. Wir danken Dr. Robert Reichelt herzlich für seinen Vortrag und den tollen Austausch im MultiKulti-Webinar!

Das nächste Webinar findet am Do, den 10.11.2022 um 16:15 Uhr statt. Interessierte Gäste können gern den Zugangslink per Mail an info@multikultivierung.de erhalten.